Wie bewusst ernährst du dich eigentlich? Der achtsame und ganzheitliche Umgang mit sich und der Umwelt ist eines der zentralen Themen unserer Zeit. Die Auseinandersetzungen mit diesen spannenden Aspekten haben den Lebensweg von Melina Moonstone stark beeinflusst. Erhalte jetzt einen faszinierenden Einblick in ihre persönliche Geschichte.
ayurvedaben: Grüß dich liebe Melina und schon mal vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst für diesen Beitrag. Stell dich doch bitte den Leserinnen kurz vor?
Hallo Ben! Vielen lieben Dank, dass du mich zu diesem Interview eingeladen hast. Ich freue mich auf das Gespräch mit dir. Um mich vorzustellen, erzähle ich kurz darüber, wie ich meinen Weg zum Yoga fand. Im ersten oder zweiten Semester meines Philosophiestudiums habe ich mit Yogastunden angefangen und ziemlich schnell entdeckt, dass hinter den Asanas – den yogischen Körperübungen – ein riesengroßes Universum liegt. Der Advaita-Vedanta, die non-dualistische Strömung der Yoga-Philosophie faszinierte mich besonders. Im Yoga fand ich, was ich in der akademischen abendländischen Philosophie vermisste – den unmittelbaren Bezug zu meinem Leben, die Möglichkeit die Theorie in die Praxis umzusetzen. Nach dem Abschluss meines Bachelors und einiger Reisen, entschloss ich mich dazu, mich vollkommen dem Yoga zu verschreiben. Ich absolvierte meine Yogalehrer-Ausbildung in einem Ashram in Südindien, in dem der integraler Yoga und Advaita-Vedanta gelehrt wird. Meine tägliche Yoga Praxis ist zu einem nicht wegzudenkenden Teil meines Lebens geworden und der Yoga bietet mehr als genug Input für mehrere Leben.
ayurvedaben: Erzähl doch bitte, was waren deine ersten Erfahrungswerte die du mit Ayurveda gesammelt hast? Und wie es dein Leben beeinflusst hat?
Dem Ayurveda bin ich zum ersten Mal durch meine Yoga Praxis begegnet. Wer sich intensiv mit dem Yoga auseinandersetzt und ernsthaft praktizieren möchte, kommt um die Wissenschaft des Ayurveda nicht herum. Ich habe meine Yogalehrer-Ausbildung in einem Ashram in Indien erhalten. Dort wurde ausschließlich sattvisch gekocht – es war das schmackhafteste und nahrhafteste Essen, das ich bis dahin kosten durfte. Die Kombination der Nahrungsmittel, die verwendeten Gewürze, die festen Essenszeiten sowie die achtsame und dankbare Art und Weise wie die Mahlzeit zubereitet und genossen wurden, haben mich sofort überzeugt. In der ayurvedischen Ernährungsweise geht es nicht allein um den Körper. Geist und Seele werden ebenso genährt. Diese Sichtweise, unsere alltägliche Nahrungsaufnahme als Heilmittel einzusetzen und auf unser ganzheitliches Wesen abzustimmen, war mir sofort schlüssig. Auch der Aspekt der Dankbarkeit und Liebe – das Prinzip von Ahimsa – angewandt beim Essen ist für mich essentiell. Mit 16 bin ich Vegetarierin geworden und seit einigen Jahren ernähre ich mich ausschließlich pflanzenbasiert. Seitdem ich mich mit dem Ayurveda beschäftige und seine Prinzipien immer weiter verinnerliche und in mein Leben integriere, werde ich von Tag zu Tag feinfühliger für die Dinge, die mir dienlich und diejenigen, die mir nicht dienlich sind und kann so mein Leben und meine Sichtweise danach ausrichten. Das bezieht sich natürlich nicht nur auf die Ernährungsweise, sondern auf alle Aspekte des Lebens.
ayurvedaben: Welche Gefühle hat das bei dir ausgelöst, als du erkannt hast, was für einen unglaublichen Bewusstseinssprung der Ayurveda dir persönlich erschlossen hat?
Die Stärkung der eigenen Fähigkeiten, Mut und mehr Selbstsicherheit, würde ich sagen. Der Ayurveda hilft mir mich auf meine Intuition zu besinnen und meinem Gefühl wieder mehr Vertrauen zu schenken. Die Komplexität der Welt, die zahlreichen unterschiedlichen Meinungen und Lehren können einen ganz schön verwirren. Wenn man nur mit seinem Kopf „denkt“, ist es erstens schwierig den richtigen Weg für sich zu entdecken und zweitens ihn auch beizubehalten, weil es so viele unendliche Möglichkeiten und Meinungen gibt. In unserer Gesellschaft wird der Verstand überbetont und das Herz vernachlässigt. Ich bin immer noch dabei dies wieder auszugleichen, Verstand und Intellektualität zu reduzieren und meine Intuition zu erweitern.
ayurvedaben: Wieso gehören deiner Meinung nach die beiden Schwesterwissenschaften Ayurveda und Yoga untrennbar zueinander?
Wie gesagt bin ich durch meine Yoga Praxis zum ersten Mal auf den Ayurveda gestoßen. Im Yoga ist eine sattvische Ernährung Voraussetzung, um dessen Methoden und Techniken ernsthaft praktizieren zu können. Nur wenn unser Körper und Geist frei von schweren, belastenden oder stimulierenden Energien ist, können die yogischen Praktiken vollauf wirksam sein. Einige Methoden sind nur ratsam zu praktizieren, wenn man völlig frei von Stimulanzien ist. Die yogische Ernährungslehre führte mich schnell zum Ayurveda, der mich augenblicklich faszinierte. Die Wissenschaften des Yoga und des Ayurveda gehören untrennbar zusammen und ergänzen sich gegenseitig. Sie basieren auf derselben ganzheitlichen und non-dualistischen Philosophie. Der Ayurveda bedient sich der yogischen Techniken wie Asanas, Pranayamas und Mudras, um Gesundheit zu wahren und Krankheiten zu heilen und der Yoga nutzt die ayurvedischen Kenntnisse, um die Voraussetzungen für das Streben nach Selbsterkenntnis zu erfüllen. Für mich gehören die Weisheit über das Leben und die intensive Suche nach der Verwirklichung der Einheit mit dem Absoluten untrennbar zusammen. Die Kombination der beiden Lehren ermöglicht mir einen wirksameren und nachhaltigeren Fortschritt meiner Persönlichkeit und Entwicklung als ich es je für möglich hielt. Es schenkt mir Selbstvertrauen, Mittel an der Hand zu haben, die ich eigenständig und nach meinem Gefühl und Wissen einsetzen kann. Es macht mich unabhängiger von äußeren Einflüssen und Instanzen. Ich lerne wieder zu mir selbst zu finden, auf mein Herz anstatt auf meinen Verstand zu hören. Selbstermächtigung ist für mich der Schlüssel zu mehr inneren Ruhe und Balance.
ayurvedaben: Welche Schwierigkeiten hattest du am Anfang als du mit Ayurveda begonnen hast? Und wie hast du diese Schwierigkeiten bewältigt?
Am Anfang hat mich die Komplexität und Weitläufigkeit der ayurvedischen Wissenschaft dazu veranlasst viel zu viel auf einmal zu lesen und zu lernen. Ein wiederkehrendes Muster bei mir, auch in meinem Philosophiestudium, im Yoga und überhaupt. Ich lese und lerne sehr gern, sodass ich manchmal mit der Umsetzung nicht hinterherkomme. Im Ayurveda und Yoga kommt man allerdings nie zu einem Ende mit seinem Studium – was ich unter anderem auch so daran liebe. Es gibt immer etwas Neues zu entdecken und zu lernen. Aber hier liegt eben auch die Krux – all das viele Wissen ist wertlos, wenn es rein intellektuell bleibt. Um wirklich zu verstehen, zu begreifen und zu verinnerlichen müssen wir die Dinge erfahren und Erfahrung ist nur möglich, wenn wir die Dinge in die Praxis bringen. Wenn man beginnt sich mit Ayurveda zu beschäftigen, sollte man sich langsam herantasten und alles, was man liest, Schritt für Schritt in sein Leben integrieren. Ayurveda ist eine praktische Wissenschaft, die nur angewandt einen Sinn ergibt. Aber auch hier sollte man aufpassen, dass man sich nicht überfordert und versucht zu viel auf einmal umzusetzen – Ayurveda sollte Ruhe, Bewusstsein und Freude vermitteln, nicht Stress und Druck. In diesen Punkten sind mir Ayurveda und auch Yoga große Lehrmeister.
ayurvedaben: Was begeistert dich am Ayurveda am meisten?
Der Ayurveda erschloss mir eine vollkommen neue Perspektive auf die Thematik der Ernährung und Gesundheit und bestärkte mich in meiner Überzeugung, dass unsere geläufige westliche Einstellung bezüglich Gesundheit und Krankheit nicht besonders dienlich ist – Gesundheit vorauszusetzen, obwohl wir eine unnatürliche Lebensweise führen und Krankheiten zu unterdrücken indem wir die Symptome „heilen“. Ayurveda betrachtet den Menschen als ganzheitliches Wesen und berücksichtigt in seinen Heilverfahren Körper, Geist und Seele gleichermaßen. Der Ayurveda geht vor allem präventiv vor, sorgt also dafür dass der Mensch gar nicht erst ernsthaft krank wird. Ayurveda bedeutet Wissen oder Weisheit des Lebens. Es geht darum das Leben lebenswert zu machen, um so sein volles Potential nutzen zu können. Außerdem wird jeder Mensch als Individuum betrachtet. Was für den Einen gut ist, muss nicht unbedingt für einen Anderen zutreffen. In jedem Menschen herrschen unterschiedliche Elemente und Energien vor, die bei der Heilung berücksichtigt werden müssen.
ayurvedaben: Wie stark hat die Umstellung auf ayurvedische Ernährung die Beziehung zu dir selbst beeinflusst?
Meine Einstellung zum Essen hat sich vollkommen gewandelt. Die Unsicherheit, was gut und was schlecht sein könnte für mich und meine Gesundheit, ist verschwunden. Es gibt so viele gegensätzliche Ernährungslehren und Meinungen, dass man eigentlich gar nicht anders kann, als verwirrt zu sein. Im Ayurveda wird nicht jeder über einen Kamm geschert – es gibt einen klaren Rahmen, innerhalb dieses Rahmens jedoch individuellen Spielraum. Der Ayurveda lässt mir Raum für eigene Entscheidungen und meine individuellen Bedürfnisse. Zum Beispiel vertritt der traditionelle Ayurveda eine lakto-vegetarische Kost. Ich ernähre mich allerdings schon seit mehreren Jahren rein pflanzenbasiert – aus ökologischen und ökonomischen Gründen und weil es quasi unmöglich ist, hundert Prozent sicher zu sein, dass ausgewählte Milchprodukte tatsächlich dem Prinzip von Ahimsa entsprechen. Der moderne Ayurveda bietet so viele vielfältige pflanzenbasierte Rezepte, dass es gar kein Problem ist. Und ich bin auch gerne selbst kreativ und passe Rezepte an meine Bedürfnisse an. Auch meine Verdauungsschwierigkeiten sind, seitdem ich mich ayurvedisch ernähre und Yoga praktiziere, vollkommen verschwunden, was eine sehr große Erleichterung ist und mir viel Freiraum für anderes schenkt.
ayurvedaben: Du benutzt häufig den Begriff „Mindfulness“. Was verbirgt sich dahinter? Und warum ist es deines Erachtens so wichtig, das noch mehr Menschen einen Zugang dazu bekommen?
Der Begriff Mindfulness ist momentan ziemlich populär. Oft wird er in einen Kontext zu einer spezifischen Handlung gesetzt – mindful eating, mindful meditation etc. Für mich bedeutet Mindfulness sich bewusst zu sein in jedem Augenblick – bewusst in Gedanken, Sprache und Handlung. Ein „mindful“ oder bewusster Mensch bemüht sich in jedem Augenblick im Einklang zu sein mit dem Ideal seiner selbst. D.h. der bewusste Mensch hat eine genaue Vorstellung und Vision der bestmöglichen Version von sich selbst und versucht diese in die Realität zu bringen. Das ist ein sehr hoher Anspruch, aber die einzige Möglichkeit, dass wir individuell und kollektiv wachsen. Nur durch das kontinuierliche Streben nach Bewusstheit und durch konstante Selbstreflexion ist ein Leben in dem man sich selbst und andere wirklich achtet und liebt möglich. Natürlich geht das nicht von Heute auf Morgen und es scheint einem als mache man unendlich viele Fehler und erleidet unzählige Rückschläge. Aber genau aus diesen Fehlern können wir durch Selbstreflexion und Ausdauer lernen und erfahren uns bewusst zu sein und immer mehr zu werden. Es ist wichtig, dass immer mehr Menschen ihren Zugang zur Bewusstheit finden, da dies, wie schon gesagt, die einzige Möglichkeit zu unserem Glück und geistigem und spirituellen Wachstum ist. Für mich besteht die Essenz des Ayurveda und Yoga in dem Streben nach eben dieser Bewusstheit.
ayurvedaben: Gibt es für diejenigen Leserinnen, die sich jetzt vielleicht noch mal persönlich mit dir austauschen möchten eine Möglichkeit dazu? Teilst du vielleicht über Social Media noch weitere persönliche Erfahrungen oder Ayurveda Rezepte?
Ja, auf jeden Fall. Ich freue mich immer über Fragen und einen interessanten Austausch. Oftmals bekomme ich durch den Dialog Zugriff auf Antworten und vieles wird mir klarer – wie im philosophischen Diskurs. Auf meiner Website melinamoonstone.com gibt es ein Kontaktformular. Auf meiner Instagram-Seite @melinamoonstone teile ich Beiträge zu Yoga, Meditation, Mindfulness und natürlich Ayurveda. Ayurvedische Rezepte und Rezepte für selbstgemachte Naturkosmetik gibt es auch. Natürlich kann man mir auch über Instagram schreiben. Außerdem gebe ich Workshops und individuelles Yoga Coaching. Nähere Informationen darüber findet man auf meiner Website.
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